Der Widerspenstigen Zähmung

von William Shakespeare 
Deutsch von Anna Cron
Christopher Schlau ist ein gestandener Mann und so redet er auch. Der weibliche Gegenangriff auf seine verbalen Entgleisungen befördert ihn aber nicht nur rücklings zu Boden, sondern auch in eine verdrehte Welt. Seine Ohnmacht wird ihm zum Fiebertraum gemacht.

Als Schlau wieder zu sich kommt, wird er als begehrenswerter Mann behandelt, dem die Welt zu Füßen liegt. Schauspieler seien nun gekommen, um für diesen großen Mann eine Komödie zu spielen. Vor Schlaus Augen spielen sich Liebesgeschichten, Familiendramen und Konkurrenzkämpfe ab. Doch die Männer und Frauen spielen nicht die Rollen, die er von ihnen erwartet hätte — und ziehen ihn überdies immer weiter in die aberwitzige Geschichte hinein:

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Baptista Minola hat zwei schöne Söhne, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der jüngere Bianco ist in seiner Anmut und Sanftheit nicht zu übertreffen. Im Kampf um seine Hand idealisieren ihn seine Bewerberinnen immer mehr zum Lustobjekt. Somit kann Baptista für ihn unter den Höchstbietenden der Stadt auswählen. Doch ihrem älteren Sohn Katharino, ebenfalls im heiratsfähigen Alter, eilt der Ruf seiner Renitenz und Streitsucht voraus. Die Mutter hat eine klare Vorstellung davon, wie ihre Söhne an die Frau zu bringen sind, und beschließt, dass Bianco erst dann geheiratet werden darf, wenn sich auch für Katharino eine Gattin gefunden hat. Bis dahin können Biancos Freierinnen nur durch ein komplexes Rollenspiel weiter in seiner Nähe bleiben, wobei die Zahl der Rivalinnen weiter ansteigt. Das verstärkt die Dringlichkeit, eine Ehefrau für den älteren Bruder zu finden. Als eine Reisende aus Verona in die Stadt kommt, wird sie zur Hoffnungsträgerin: Petruchia will sich reich vermählen. Doch mit der Heirat ist mehr verbunden als die Entgegennahme der Mitgift. Die albtraumhafte Hochzeit ist für Katharino nur der Auftakt für die Ehe mit einer Frau, die ihn erbarmungslos bezwingen will.

Shakespeares frühe Komödie beschreibt die Liebe als ein sadistisches Spiel, das die Geschlechter miteinander treiben, und als einen Wert, der mit kapitalistischen Marktmechanismen in Verbindung gebracht wird. Aber sie offenbart sich auch als fieberhafter Traum von einer bedingungslosen Zusammengehörigkeit jenseits gesellschaftlicher Konventionen, der keine Auflösung erfährt.

Moritz Sostmann inszeniert jenen Traum mittels der Spiegelung der geschlechtlichen Machtverhältnisse. Während die Frauenfiguren in Shakespeares Stück ein hohes Maß an Unterdrückung erfahren, nehmen sie in dieser Inszenierung die Rolle der Machthaberinnen ein. Aus den Zähmern werden Gezähmte — doch nicht ehe sie nach allen Regeln der Kunst ihre Widerspenstigkeit gezeigt haben. Denn Shakespeares „Zähmung“ bleibt, was sie immer ist: eine bitterböse Komödie.

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Pressestimmen

Deutschlandfunk Kultur
„Das ist ein hochintelligentes Spiel, das von den Geschlechterrollen handelt. [...] Die Liebe müsste in den Zeiten des Kapitalismus neu erfunden werden und wenn man sie neu erfinden will, kann man eigentlich gleich mit dem Geschlechtertausch anfangen. Sostmann hat sozusagen den kapitalistischen Charakter dieser Padua-Gesellschaft, die sich ausschließlich über Erbschaften und Mitgift unterhält und in der sich niemand dafür interessiert, ob man einander mag, egal ob Frau oder Mann, verschärft.“
Leipziger Volkszeitung
„Der Abend entfaltet seine stärksten Theatermomente deshalb, wenn er die Komödien-Ebene verlässt und sehr ernsthaft die Abgründe des Stoffes auslotet. [...] Ein differenzierter Blick auf heutige Strukturen.“
mephisto 97.6
„In dem Stück werden typische Klischees gleichzeitig bedient und revidiert. Gegensätze prallen aufeinander und somit ist Shakespeares ‚Der Widerspenstigen Zähmung‘ nicht nur ein Stück, das dem Publikum und somit der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Es ist durchaus auch ein Stück mit viel Witz und Humor, das an die heutige Zeit angepasst ist und deswegen auch ein junges Publikum anspricht.“
Sächsische Zeitung
„Das gebieterische Gebaren der Frauen schafft eine groteske Gesellschaft – aber diese Dominanz eines Geschlechts war, bei aller komödiantischer Überreibung, der Istzustand – nicht nur im 16. Jahrhundert, zur Zeit der ersten Aufführung der „Widerspenstigen“. Das wird in Leipzig zwischen den mitunter derben Zoten auf kluge Weise vorgeführt. […] Moritz Sostmanns nicht risikolose Mischung funktioniert als Ganzes, der Plan, durch Absurdität erheiternd, aber auch erhellend zu wirken, geht auf.“
Premiere am 31. Dezember 2018

Spieldauer

ca. 2:40, eine Pause

Besetzung

Felix Axel Preißler als Christopher Schlau
Bettina Schmidt als Biondella
Magda Lena Schlott (Puppenspiel) als Baptista/Vincentia
als Katharino
Ron Helbig als Bianco
Anne Cathrin Buhtz als Petruchia

Team

Kostüme: Elke von Sivers
Puppenbau: Hagen Tilp
Dramaturgie: Matthias Döpke
Licht: Ralf Riechert

Trailer