Liebe / Eine argumentative Übung

von Sivan Ben Yishai
Deutsch von Maren Kames
Olivia Öl ist eine starke Frau, eine aufstrebende Romanautorin, und ihre Eigenständigkeit ist ihr wichtig. Popeye, der Seemann, ist muskulös, tätowiert und will Filmregisseur werden. Als sie sich im Sprachkurs kennenlernen, fühlt Olivia sich unmittelbar zu Popeye hingezogen und ist geschmeichelt, da die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht. Schnell hat sie jedoch das Gefühl, jedes Treffen mit diesem Prachtexemplar von einem Mann könnte das letzte sein. Damit die Beziehung gelingt, geht Olivia Kompromisse ein, auch wenn sie sich nie ein Konto oder eine Wohnung teilen wollte. Schließlich ist es schön, endlich Teil eines Paares zu sein und die Blicke derer zu spüren, die sich nach Popeye umdrehen. Und wer würde schließlich behaupten, dass eine Beziehung nicht auch Arbeit und Verzicht bedeutet? Sie unterstützt also Popeyes künstlerische Projekte — auch wenn sein Drehbuch nie über die ersten zwei Seiten hinausgekommen ist und er Olivias Romane überhaupt noch nicht gelesen hat. Als Autorin kämpft sie lautstark gegen Patriarchat und klassische Rollenverteilungen an, zu Hause bleibt sie wortkarg, aus Sorge, ihre schrille Stimme könnte ihn nerven. Doch schließlich gerät Olivia in eine mythische Rage und betritt die Kampfzone ihres eigenen Geschlechts.

Zehn Jahre lang war Olivia Öl bereits eine der Hauptfiguren in E. C. Segars Comic „Thimble Theatre“ gewesen, als dort 1929 Popeye seinen ersten Auftritt hatte. Zunächst als Nebenfigur konzipiert, von der Olivia sich noch unbeeindruckt gezeigt hatte, kaperte der Seemann mit den grotesken Armen bald den gesamten Streifen, der wenige Jahre später nur noch „Popeye“ hieß.

Sivan Ben Yishai durchleuchtet die zweidimensionalen Oberflächen dieser beiden Comicfiguren für eine argumentative Übung, die radikal und explizit unsere Ideen von Liebe, modernen Paarbeziehungen und tradierten Mustern befragt. In der Einstellung, dass das Private immer schon politisch war, werden hier intime Details gnadenlos seziert und öffentlich verhandelt. Das gelingt Sivan Ben Yishai nicht nur virtuos entlarvend, sondern auch auf sehr lustige Art und Weise.

Warum gerät das Bedürfnis nach Unabhängigkeit in Konflikt mit dem eigenen Begehren und der Sehnsucht nach Liebe? Wie sieht Hingabe ohne Aufopferung aus? Mit Fragen wie diesen setzt sich die Studioinszenierung 2026 auseinander, die für die acht Schauspielstudierenden des neuen Studio Leipzig einen Höhepunkt ihrer Ausbildung bedeutet. Regie führt Katrin Plötner, die bereits mehrfach am Schauspiel Leipzig sowie auch am Schauspiel Frankfurt, Residenztheater München, Nationaltheater Mannheim, Staatsschauspiel Dresden und Schauspielhaus Graz inszeniert hat.
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Premiere am 06. Februar 2026
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Team

Bühne: Jil Bertermann
Kostüme: Johanna Hlawica
Dramaturgie: Matthias Döpke