Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer (UA)

von Anna Behringer
Im Zentrum der Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer stehen zwei Geschwister. Durch ihren Blick sehen wir diese Geschichte. Beide können hören, sehen, fühlen und Sprache verstehen, doch fällt es ihnen schwer, ihre Umwelt zu begreifen. Denn sie ist nicht immer logisch.

Manches, was gesagt wird, ist richtig: Das Wasser ist nass. Anderes ist falsch: Die Haare sind rot. Aber die Haare sind orange. Doch man sagt, die Haare sind rot. Obwohl sie orange sind. ‚Nicht lügen‘ ist eine Regel. Die Wahrheit soll man sprechen. Doch wenn man gefragt wird, woran man denkt, und man denkt, dass der Mann gegenüber nach Zigaretten und Schweiß riecht, soll man ihm nicht sagen, dass er stinkt. Das kann den anderen verletzen. Man soll nicht lügen. Und die Wahrheit soll man nicht sagen, wenn sie jemanden unangenehm fühlen lässt.

Das ist schwer zu fassen. Ebenso wie viele andere ungeschriebene Regeln des sozialen Miteinanders. Deshalb leben die beiden Geschwister auch nur zeitweise im familiären Zuhause und großteils in weißen Zimmern. Nacheinander in verschiedenen Häusern. Umgeben von Ärzteschaft und Pflegepersonal. Und anderen Menschen mit Diagnosen, deren Weise zu fühlen und zu erleben als pathologisch klassifiziert ist. Um nicht zu sagen als ‚falsch‘, doch mindestens als ‚unnormal‘. Es ist ein Leben nach den Parametern einer Gesellschaft, deren Prämissen sie nicht teilen, an deren Maßstäben sie aber gemessen werden. Und so kommt es auch für die beiden zu Situationen, in denen die ganze Wucht des Systems sie ergreift. Obwohl oder gerade weil sie versuchen, diese rätselhaften Regeln möglichst genau zu befolgen.

Die medizinische Fachwelt kennt für dieses Erleben einen Begriff: Autismus-Spektrum-Störung nennt man diese neurologische Entwicklungsstörung. Ihre Ausprägungen sind so komplex und vielgestaltig wie die Betroffenen selbst. Ihre Perspektive wurde zuletzt immer wieder in autobiographischen Erzählungen publiziert. Mit Behringers Aufzeichnungen finden sie einen Platz auf der Theaterbühne.

Thirza Bruncken arbeitet als freie Regisseurin. Ihre Inszenierungen führten sie u. a. an das Schauspiel Köln, Volkstheater Wien, Schauspiel Frankfurt, Theater Dortmund, Nationaltheater Weimar, Düsseldorfer Schauspielhaus, Residenztheater München und die Münchner Kammerspiele. Ihre Inszenierung „Stecken, Stab und Stangl“ von Elfriede Jelinek am Deutschen Schauspielhaus Hamburg wurde 1999 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Nach mehreren Uraufführungen in der Diskothek setzt Bruncken mit den „Aufzeichnungen aus einem weißen Zimmer“ ihre formstarke Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Texten in Leipzig fort.
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Uraufführung am 30. Januar 2025
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https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
Do, 30.01. 20:00
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Team

Autorin: Anna Behringer
Regie, Bühne & Kostüme: Thirza Bruncken
Dramaturgie: Marleen Ilg