Auftragswerk des Schauspiel Leipzig

deutsche märchen (UA)

von Thomas Köck
Es war einmal ein üppiger Schatz phantastischer Geschichten. Überall, wo Menschen zusammenkamen, wurden sie erzählt. Sie erzählten von drängenden Problemen oder großen Wünschen, sie waren bevölkert von frommen Gemütern und hinterlistigen Gesellen, von monumentalen Schlössern, düsteren Wäldern und sprechenden Tieren. In ihnen deckten sich Tische selbst zu einer üppigen Tafel auf, oder ein ganzes Land samt seinen Leuten fiel in hundertjährigen Schlaf.

Je nachdem, wer eine Geschichte erzählte und für wen, klang sie mit jedem Mal ein wenig anders. Einer wollte damit vor den Konsequenzen von untugendhaftem Verhalten warnen, eine andere ihre Kunstfertigkeit im Erzählen beweisen. Deshalb hat vermutlich niemand je dasselbe Märchen zwei Mal gehört. Zumindest, solange sie nur erzählt wurden.

Einmal trugen Jacob und Wilhelm Grimm viele davon zusammen und schufen die deutschen Märchen. Sie wurden zum gemeinsamen Horizont nicht nur kindlicher Bilderwelten. Gleichzeitig waren die sogenannten Kinder- und Hausmärchen bloß eine Version dieser Geschichten: Da wurde aus der kinderverstoßenden Mutter schon mal eine Stiefmutter gemacht, einfach weil das weniger am biedermeierlichen Familienbild kratzte.

Ein andermal durften die Märchenfiguren weiterziehen ins Kino. Aschenputtel sogar mehrfach: Da hatte sie plötzlich verzauberte Haselnüsse bekommen, musste sich dafür aber Aschenbrödel rufen lassen. Und als Walt Disney sie zeichnete, kam die rettende Hilfe statt von Tauben nun von einer Horde singender, sprechender und tanzender Mäuse. Dazu gab es einen gläsernen Schuh, drei Oscar-Nominierungen, eine eigene Barbie-Ausgabe sowie diverse andere Merchandise-Produkte für Cinderella, wie sie international genannt wurde.
Wieder ein andermal war da ein Autor, dem sein Land wie in einen ewigen Schlaf gefallen schien, während überall politische und gesellschaftliche Umbrüche stattfanden. Daraus entstand „Deutschland. Ein Wintermärchen“. Viele weitere Winter zogen ins Land, als „Deutschland, ein Sommermärchen“ gebacken wurde — und das, obwohl der goldene Kelch, äh Pokal, am Ende nach Italien reiste. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben die Märchen noch heute. Werden mit und ohne Spindel weitergesponnen, von einigen gar zum roten Faden nationaler Gedanken getrimmt: werden von einer Version der Geschichte zum Kern der einen Identität gedichtet.

Nach zuletzt „vendetta vendetta“ ist Thomas Köck als eine der prägenden Stimmen der deutschen Gegenwartsdramatik zurück am Schauspiel Leipzig. Mit „deutsche märchen“ widmet er sich diesem vermeintlich zeitlosen Kulturgut, um sie in unserer Gegenwart zu spiegeln, sie vielleicht einen neuen Wald bevölkern zu lassen. Da mag dann der böse Wolf drei Wünsche frei haben. Oder Aschenputtel bekommt ihren ersten Talkshowauftritt anlässlich einer Familienzusammenführung mit den Schwestern oder vielleicht erzählt der Froschkönig endlich seine Version der Geschichte. Oder ganz anders. Hauptsache: Ende gut, alles gut …

Die Regie übernimmt Elsa-Sophie Jach, die mit dieser Uraufführung bereits das vierte Mal für das Leipziger Publikum inszeniert.
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Premiere am 18. April 2026
Große Bühne


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Do, 02.07. 19:30
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Team

Bühne: Jessica Rockstroh
Kostüme: Sibylle Wallum
Musik: Max Kühn
Dramaturgie: Marleen Ilg