Zeiten des Aufruhrs

Basierend auf dem Roman „Revolutionary Road“ von Richard Yates
Fassung für das Schauspiel Leipzig von T. Buß, E. Lübbe und A. Elsner 
Unter Verwendung der deutschen Übersetzung von Hans Wolf 
Später. Später, so sagt man es Frank Wheeler seit der Highschool, wird er Karriere machen. Jedermann hat große Erwartungen an ihn, mittlerweile nicht zuletzt er selbst. Allerdings entlastet dieses ‚Später‘ auf eine besondere Weise auch die Gegenwart und färbt den Blick aufs Leben: Der Hype kommt halt später, die Selbstverwirklichung auch. Das Jetzt ist nur der Warteraum für die Annäherung an das große Ziel. Jetzt muss Frank erst mal Geld verdienen, die Familie ernähren, die Unterforderung überbrücken. Und so verbringt er die Tage in der Werbeabteilung eines New Yorker Büromaschinenherstellers, und abends fährt er im Heer der Pendler in seine Vorortsiedlung zurück. Dort, im neu bezogenen Haus an der Revolutionary Road, wartet seine Frau April mit den zwei Kindern auf die Karriere ihres Mannes. Ihre eigene Karriere als Schauspielerin hat sie aufgegeben. Seinetwegen. Und wegen der Kinder. Oder weil vielleicht ihre eigene Karriere zu unsicher war.

Doch zu Hause fressen Gartenarbeit und Cocktail-Abende mit den Nachbarn wie ein Schwelbrand das Leben von innen auf. Die Betäubung des Schmerzes wird zur Krankheit selbst. Und an seinem 30. Geburtstag, während zu Hause April die Party vorbereitet, beginnt Frank eine Affäre mit seiner Kollegin Maureen.

Denn Wheelers sind nur halb zu Hause. Wheelers sind nur halb am Leben. Alles ist Warten aufs Später. Jetzt ist alles Provisorium: das Haus, der Job, die Ansichten, die Freunde. Nichts ist für die Wheelers schlimmer als das Leben der Spießer und Konformisten in der Revolutionary Road — aber wann beginnt ihr Leben?

Bis April plötzlich den Plan zum Absprung hat: nach Paris! In Europa soll alles anders werden, dort soll Frank seine Talente endlich umsetzen können. Mehr und mehr verdichtet sich diese Vision zur verbalen Realität — so sehr, dass Frank und April ihren Plan überall erzählen. Doch dann erlebt Frank zufällig den Durchbruch im Büro — mit einer Werbebroschüre für das neueste Firmenprodukt. Und der Plan zur Flucht wird zur Belastung.

In bestechenden Szenen gelang Richard Yates das Stationendrama einer scheiternden Hoffnung — als ein Porträt des modernen Everyman: Während jedermann Frank Wheeler mit großen Erwartungen bedenkt, wird klar, dass Frank selbst nur Jedermann ist. Und über die Frage, wie das Leben sein sollte und sein könnte, geht Wheelers das Leben verloren …

Richard Yates wird heute zu den bedeutendsten US-amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts gezählt; Autoren wie Philip Roth und Richard Ford nennen ihn als Vorbild. „Zeiten des Aufruhrs“ erschien als Yates’ Erstling 1961 unter dem Titel „Revolutionary Road“. Nach kurzem Ruhm blieb sein Werk zu Lebzeiten zunehmend unbemerkt; Yates starb 1992 — sein eminentes Talent, die Brüche und Abgründe des Alltagslebens aufzuzeigen, wurde erst Jahrzehnte später gewürdigt: Den Durchbruch erlebte Yates’ Werk 2008 mit der Verfilmung von „Revolutionary Road“ durch Sam Mendes. Das Schauspiel Leipzig wird als erstes Theater überhaupt eine Bühnenversion des Romans zeigen, unter der Regie von Intendant Enrico Lübbe.
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Pressestimmen

Deutschlandfunk
„Eine respektable Ensembleleistung um Felix Axel Preißler und Anja Schneider.“
FAZ
„Mit seiner geduldigen, kunstvoll reduzierten Inszenierung hält Enrico Lübbe zu den Protagonisten, sucht in ihrer Verblendung das Herz, in ihrem Selbstbetrug die Seele und in den Lügen der bodenlos einsamen Figuren die Wahrheit der Menschen. So wird der Roman über die ‚hoffnungslose Leere‘ mit ihrem ‚Virus des Scheiterns‘ in Leipzig nun zu überzeugendem, brisantem, klug packendem Theater.“
Freie Presse
„Das Publikum zollte der intelligenten Inszenierung mit Jubel und ausdauerndem Applaus Respekt.“
LVZ
„Das Ensemble bringt die von Yates so präzise identifizierten Seelenzustände bis in die Nebenrollen sicher auf den Punkt.“
MDR Figaro
„Die Ästhetik des Erzähltheaters geht auf. Enrico Lübbe choreografiert Bilder, die bestimmte Dinge betonen – fast wie bei Ölgemälden. Er lässt sich Zeit, lässt die Dinge oft im Spiel entstehen. […] Highlight ist Anja Schneider, die die Hauptfigur April Wheeler wie ein ganz langes Crescendo spielt.“
Mitteldeutsche Zeitung
"Regisseur Lübbe legt Wert darauf, dass der Originaltext nicht zu kurz kommt. Er lässt sich für die Entfaltung des Stückes sehr viel Zeit: drei Stunden und 40 Minuten. Doch in denen entfalten sich überwältigende Theatereindrücke. Hier übersteigt Lübbe den Text, hier bannt er den Geist des Romans in intensive Bilder, hier blühen die Schauspieler nachhaltig auf. (…) Tosender Applaus im Publikum."
nachtkritik.de
„Und am Ende das große, schöne Bild vom Frauenopfer. Wie's halt so zugeht bei Mittelstands und ihren Depressionen.“
SPIEGEL ONLINE
„Bevor April bei dem Versuch, ihr Kind selbst abzutreiben, stirbt, zieht ihre Kindheit noch einmal als Horrorfilm an ihr vorüber. Da steht Anja Schneider in weißer Miederwäsche gottverloren unter lauter austauschbaren Spießern mit überdimensionalen Puppenkopf-Masken an der Rampe. Toll!“
Süddeutsche Zeitung
„Eine sehr gute Entscheidung, so lange um diesen Stoff zu kämpfen. (...) In Leipzig gibt es frenetischen Beifall.“
Theater heute
„Ein hochkonzentrierter Abend, der die gesellschaftlich-menschlichen Abgründe genussvoll auslotet. Heruntergekühlt bis zum Gefrierpunkt mit großen Momenten reinen Schweigens, und zugleich scharf und schneidend.“
Premiere am 6. Dezember 2014

Spieldauer

ca. 3:40, eine Pause

Team

Bühne: Raimund Orfeo Voigt
Kostüme: Bianca Deigner
Musik: Bert Wrede
Dramaturgie: Torsten Buß, Alexander Elsner
Licht: Carsten Rüger