Romeo und Julia
Alles gründet auf einem Streit zwischen zwei Familien, der sich so verfestigt hat, dass der Grund schon kein Thema mehr ist. Dem zum Hohn werden die einzigen Kinder der Familien ein Liebespaar. Romeo und Julia treffen sich auf einem Fest und verlieben sich auf den ersten Blick. Der Streit der Eltern hindert sie nicht an ihrem Entschluss, zusammen zu sein: Sie heiraten heimlich. Dies könnte ein Anlass zur Aussöhnung beider Lager sein. Doch ihr Versprechen aneinander wird weiter auf die Probe gestellt: Julia soll einen anderen Mann heiraten, Romeo wird in einen Kampf mit ihrem Cousin gedrängt und zu dessen Mörder. Es folgt Verbannung. Äußerst schwierige Bedingungen. Doch nichts davon bringt die Liebenden davon ab, zusammen sein zu wollen. Sogar die letzte Grenze, die radikalste, weil unumkehrbare Entscheidung, wählen beide, um für immer vereint zu sein.
Nicht erst heute erscheint die Hartnäckigkeit des jungen Paares, unter allen Umständen zusammen sein zu wollen, extrem. Zu allen Zeiten ließen sich Einwände geltend machen: dass ein einziges Treffen eine wackelige Grundlage für eine lebenslange Bindung ist. Oder dass Missbilligung durch die Gesellschaft einem nie endenden Stresstest gleichkommt. Beides gilt nach wie vor. Doch gerade Letzteres ist für unsere westlich liberale Gesellschaft selten geworden. Heiratsregeln sind abgeschafft. Beziehungen gründen in der Regel auf gegenseitiger Anziehung, nicht auf Strategie.
Die Freiheit zur Partnerwahl war nie größer. Und sie ist selbst zur Hürde geworden. Oder zumindest ihre Ausprägungen. Denn der schnelle, oft digitale Match ist auch unverbindlich und ebenso abrupt wieder vorbei. Das große Angebot schafft Vergleichsmöglichkeiten. Also wird das Gegenüber genau unter die Lupe genommen, als Objekt, statt in seiner Einzigartigkeit zu verzaubern. Gerade in der Vergleichbarkeit wird ein Mensch austauschbar. Diese Art von Liebe ist also relativ. Sie bildet in dieser Form den diametralen Gegensatz zu derjenigen von Romeo und Julia. Sie setzen die Liebe zueinander absolut. Nichts hat daneben Platz.
In einer Zeit, in der die romantische Liebe zwar noch als Sehnsuchtsort die Kinokassen füllt, im sogenannten echten Leben oft mit Zynismus quittiert wird; was begeistert also nach wie vor an Shakespeares berühmtestem Liebespaar? Sind Romeo und Julia in ihrer radikalen Selbstaufgabe heute der progressive Gegenentwurf?
Für das Schauspiel Leipzig befragt Regisseurin Pia Richter diesen Klassiker neu. Nach „Ein Berg, viele“ und „Hotel Pink Lulu“ ist es ihre dritte Arbeit am Haus. Richter studierte Theater- und Literaturwissenschaft an der LMU München, bevor sie 2011 in den Studiengang Regie der Otto Falckenberg Schule wechselte. Ihre Inszenierungen führten sie unter anderem an das Theater Regensburg, das Landestheater Schwaben, das Landestheater Tübingen und das Theater Koblenz.
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Nicht erst heute erscheint die Hartnäckigkeit des jungen Paares, unter allen Umständen zusammen sein zu wollen, extrem. Zu allen Zeiten ließen sich Einwände geltend machen: dass ein einziges Treffen eine wackelige Grundlage für eine lebenslange Bindung ist. Oder dass Missbilligung durch die Gesellschaft einem nie endenden Stresstest gleichkommt. Beides gilt nach wie vor. Doch gerade Letzteres ist für unsere westlich liberale Gesellschaft selten geworden. Heiratsregeln sind abgeschafft. Beziehungen gründen in der Regel auf gegenseitiger Anziehung, nicht auf Strategie.
Die Freiheit zur Partnerwahl war nie größer. Und sie ist selbst zur Hürde geworden. Oder zumindest ihre Ausprägungen. Denn der schnelle, oft digitale Match ist auch unverbindlich und ebenso abrupt wieder vorbei. Das große Angebot schafft Vergleichsmöglichkeiten. Also wird das Gegenüber genau unter die Lupe genommen, als Objekt, statt in seiner Einzigartigkeit zu verzaubern. Gerade in der Vergleichbarkeit wird ein Mensch austauschbar. Diese Art von Liebe ist also relativ. Sie bildet in dieser Form den diametralen Gegensatz zu derjenigen von Romeo und Julia. Sie setzen die Liebe zueinander absolut. Nichts hat daneben Platz.
In einer Zeit, in der die romantische Liebe zwar noch als Sehnsuchtsort die Kinokassen füllt, im sogenannten echten Leben oft mit Zynismus quittiert wird; was begeistert also nach wie vor an Shakespeares berühmtestem Liebespaar? Sind Romeo und Julia in ihrer radikalen Selbstaufgabe heute der progressive Gegenentwurf?
Für das Schauspiel Leipzig befragt Regisseurin Pia Richter diesen Klassiker neu. Nach „Ein Berg, viele“ und „Hotel Pink Lulu“ ist es ihre dritte Arbeit am Haus. Richter studierte Theater- und Literaturwissenschaft an der LMU München, bevor sie 2011 in den Studiengang Regie der Otto Falckenberg Schule wechselte. Ihre Inszenierungen führten sie unter anderem an das Theater Regensburg, das Landestheater Schwaben, das Landestheater Tübingen und das Theater Koblenz.
kreuzer
„Richter verfolgt die Grundsatzfrage, welche Wirkungen dieses Schlüsselpaar der popkulturellen Bilderbuchliebe entfaltet. Dafür wechseln die vier Frauen, drei Männer auf der Bühne durchweg die Rollen. [...] Das ermöglicht zugleich schnelles Spiel und flotte Übergänge“
mephisto 97.6
"Dieser Abend wirkt nach – arbeitet sich durch persönliche Erfahrungen, hinterfragt eingefahrene heteronormative Muster und das eigene Beziehungsraster im Kopf."
Kunst und Technik
„Es ist amüsant zu verfolgen, wie verrückt alle miteinander agieren und aneinander vorbeireden.“
LVZ
„Entscheidend ist [...], dass die Inszenierung in den richtigen, den wichtigen Momenten Shakespeares Text vertraut, ihn atmen, wirken, zirkulieren lässt, wozu die schwebende Musik Friederike Bernhardts und Johannes Cottas das ihre tut. Und so zeigt sie, dass das mit Romeo und Julia immer noch so schön und so tragisch ist.“
nachtkritik
„Ungewöhnlich geht die bekannteste Sternstunde der Romantik am Schauspiel Leipzig über die Bühne. Pia Richter inszeniert das Stelldichein in Verona mit klugem Zugriff. Durch verschiedene Geschlechterkonstellationen und Rollenwechsel stellt sie die romantische Liebe als Ideal infrage, aber verrät den Stoff nicht. [...] Rolle rein, Rolle raus: Dieses charmante Spiel gelingt allen sehr gut.“
Premiere am 15. Oktober 2022
Große Bühne
Große Bühne
Spieldauer
ca. 1:45, keine PauseIn dieser Inszenierung wird Stroboskoplicht verwendet.
Besetzung
Paulina Bittner, Thomas Braungardt, Anne Cathrin Buhtz, Roman Kanonik, Dirk Lange, Teresa Schergaut, Niklas Wetzel
Paula Winteler als alternierende Besetzung für Teresa Schergaut
Team
Regie: Pia Richter
Bühne & Kostüme: Julia Nussbaumer
Musik: Friederike Bernhardt, Johannes Cotta
Dramaturgie: Marleen Ilg
Licht: Ralf Riechert
Gebärdensprachdolmetscherinnen: Julia Cramer, Christina Müller
Theaterpädagogische Betreuung: Amelie Gohla
Erweitertes Team
Ton: Nico Teichmann
Inspizienz: Ute Neas
Soufflage: Ditte Trischan
Regieassistenz: Emily Huber, Jule Franzen
Bühnenbildassistenz: Stella Vollmer, Lena Bohnet
Kostümassistenz: Carolin Schmelz, Helene Subklew
Maske: Kerstin Wirrmann, Cordula Kreuter, Julia Markow, Barbara Zepnick
Requisite: André Sproete
Bühnenmeister: Patrick Ernst
Bühnenbildhospitanz: Luisa Achhammer
Kostümhospitanz: Linda Mustafa