Woyzeck

von Georg Büchner
„Immerzu. Immerzu.“ Das Leben ist ein Karussell, das sich ständig dreht. Hier kommt jemand entgegen, da ziehen Worte vorbei, Lichter, Stimmen. An Woyzeck dreht es sich nur vorbei, das Leben. „Wenn wir in den Himmel kämen, müssten wir Donnern helfen“, sagt er. Hier auf Erden aber muss Woyzeck zunächst dem Doktor helfen, bei dessen medizinischen Experimenten. Jeden Morgen muss er zum Hauptmann und ihm zu Hilfe sein. Er muss in die Kaserne. Und dann gibt es noch Marie, die er liebt und mit der er ein Kind hat. Auch dort sollte er helfen. Mehr, als er es tut. Aber egal, was er tut — es genügt nie. Den anderen nicht, und ihm auch nicht.
Immerzu aber gibt es auch die Stimmen in Woyzecks Kopf. Die ihm noch ganz andere Dinge einsagen, die er tun soll: Das Karussell dreht sich immer schneller und schneller unter einem großen Mond, der rot ist „wie ein blutig Eisen“. Ruhe gibt es kaum für Woyzeck. Aber wenn er zur Ruhe kommt, sind da immer noch diese Stimmen, dann flüstert sogar die Erde auf den Feldern. Diese Stimmen erzählen ihm auch vom Tambourmajor, der es auf Marie abgesehen habe.
Woyzeck versucht zu fliehen. Den Hauptmann, den Doktor und diese Stimmen. Aber sie holen ihn ein. Und Marie wird eingeholt von Woyzecks Eifersucht. „Der Mensch ist ein Abgrund.“

1821 erstach Johann Christian Woyzeck seine Geliebte, die Witwe Woost, in der Leipziger Vorstadt. Er war bereits in Leipzig in die Lehre gegangen, und nach Jahren als Soldat, die er im Hin und Her der Napoleonischen Befreiungskriege in Armeen verschiedenster Staaten verbracht hatte, war er wieder in die Stadt zurückgekommen.
Wie viele andere in Deutschland wurde auch Georg Büchner auf den Leipziger Fall aufmerksam, der drei Jahre verhandelt und breit besprochen wurde. Denn mit diesem Fall verbanden sich wie unter einem Brennglas Fragen, die damals noch nicht allzu lange diskutiert wurden: Fragen nach Schuldfähigkeit und Wahnsinn ebenso wie soziale Fragen nach Lebensbedingungen und Lebenschancen.
Die psychiatrischen Gerichtsgutachten, die zum Fall Woyzeck entstanden, bilden eine der Quellen zu Büchners Drama, das sich andererseits eine große literarische Freiheit nimmt. Schlaglichtartig reiht Büchners „Woyzeck“ in expressiver Zuspitzung Stationen einer Eskalation auf — und nimmt gesellschaftliche Hierarchien und Abgründe in einen grellen Fokus. Büchners Drama ist Fragment geblieben — aber gerade in seiner Fragment-Struktur entspricht es vielleicht den Aspekten und Umständen dieser Geschichte.

Schauspielintendant Enrico Lübbe widmet sich in Leipzig dem Stoff noch einmal neu, nach der Schauspiel-Inszenierung in Chemnitz 2011 und Alban Bergs Opernversion 2017 in Erfurt unter der musikalischen Leitung von Joanna Mallwitz. Das Bühnenbild entwirft Etienne Pluss, der für „Violetter Schnee“ an der Staatsoper Unter den Linden 2019 mit dem Theaterpreis DER FAUST ausgezeichnet wurde. Seine Arbeiten führten ihn zuletzt zu den Salzburger Festspielen („Il Trittico“, Regie Christoph Loy) sowie gemeinsam mit Regisseur Claus Guth zu den Festspielen in Aix-en-Provence und an das Teatro San Carlo Neapel.

Ebenso wie Pluss verbindet auch Kostümbildnerin Bianca Deigner eine langjährige Zusammenarbeit mit Enrico Lübbe, gemeinsam erarbeiteten sie in Leipzig „Das kalte Herz“, „Winterreise / Winterreise“ oder „Die Maßnahme / Die Perser“. Weitere Arbeiten führten Bianca Deigner an das Theater Gera sowie ans Theater Freiburg, an die DomStufen-Festspiele Erfurt und an die Opéra de Lille in Kooperation mit der Philharmonie de Paris zu Stockhausens „Freitag aus Licht“.

Nach zuletzt „Das kalte Herz“ und „563“ gestaltet der Leipziger Musiker und Jazzpianist Philip Frischkorn für „Woyzeck“ erneut eine Schauspielmusik am Haus.
Im Rahmen von PAY ATTENTION!

Der Fall Woyzeck

In Kooperation mit dem Schauspiel Leipzig folgt ein Rundgang des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig den Spuren und Stationen des historischen Woyzeck in der Stadt.
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Pressestimmen

Deutschlandfunk Kultur
„Die Botschaft: Es gibt keine Zwangsläufigkeit, die zum Mord führt.“
FAZ
„Büchners Bruch- als Bravourstück“
kreuzer
„Team Lübbe streicht den Text auf wenige Szenen zusammen, die Woyzecks Objekt-Status verdeutlichen. [...] Das Spiel des Lebens entpuppt sich als karussellförmig. Schnell wechselnde Filmprojektionen unterstreichen den Charakter der inhaltlichen Verdichtung, aber auch den Eindruck des fatalen Kreisens auf einen finalen Fluchtpunkt hin.“
Kultura Extra
„Lübbes Inszenierung wird [...] zum düsteren Horrorkabinett, das den psychisch in die Enge getriebenen Protagonisten keinen Ausweg mehr bietet. Das erinnert auch zuweilen an Kafka.“
Kunst und Technik
„Die kompositorische Komponente der Aufführung, die Musik und das Spiel am Harmonium und Klavier von Philip Frischkorn, war großartig. Ebenso Angela Requena Fuentes am Schlagzeug, die auch als Sängerin sehr überzeugte.“
LVZ
„Hier greift kein junger, ungestümer Woyzeck zum Messer, lässt sich die Tat nicht als Eifersuchtsdrama abtun. Dieser Woyzeck irrlichtert als sensibler Geist, kämpft mit den Umständen, den äußeren Erwartungen, den inneren Dämonen, verstrickt sich in diesem Kampf und unterliegt. Müller überzeugt als sensible Figur und lenkt damit den Blick im Sinne Büchners auf die gesellschaftlichen Bedingungen, in denen er sich zu behaupten versucht und an denen er fast zwangsläufig scheitert.“
MDR Kultur
„Wirklich ein empfehlenswerter Abend. Mit Potential für das Berliner Theatertreffen 2025.“
nachtkritik
„Visuelle Wucht und Verdichtung, Rhythmus und Tempo sind die Mittel, mit denen Enrico Lübbe das "Woyzeck"-Fragment in Leipzig zu einem ganzen, ja: ganz hervorragenden Abend ins Bild setzt.“
Süddeutsche
„Immer stärker dreht sich die Bühne, immer undurchsichtiger die Grenzen zwischen Realität und Einbildung und Wahn in den von Robi Voigt hervorragend eingehängten Videoprojektionen.“
Theater der Zeit
„Wahnsinns-»Woyzeck«“
Theater heute
„Regisseur Enrico Lübbe und Bühnenbildner Etienne Pluss haben für diesen «Woyzeck» das Wahnsinnige des Protagonisten nach außen gekehrt. Pluss lässt eine große Wand die Drehbühne zerschneiden, die eine Seite voller Türen, die andere Seite ohne. Lampen an den Türen erwecken den Eindruck einer Straße oder von kafkaesker Bürokratie, denn auch wenn alle Türen offen stünden, so führen sie doch nirgends hin, und Woyzeck ist hier schon von Anbeginn im Kreis seiner eigenen Gedanken gefangen.“
Premiere am 27.04.2024
Große Bühne

Nächste Termine

https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
Do, 24.10. 19:30 — 21:20
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Große Bühne
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Fr, 20.12. 19:30 — 21:20
Theatertag
Große Bühne
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Große Bühne
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mit Kinderbetreuung
Große Bühne
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Mi, 05.02. 19:30 — 21:20
Große Bühne
https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
Mi, 12.02. 19:30 — 21:20
Gastspiel
Stadttheater Aschaffenburg
https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
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Gastspiel
Stadttheater Aschaffenburg
https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
Do, 13.02. 19:30 — 21:20
Gastspiel
Stadttheater Aschaffenburg
https://www.schauspiel-leipzig.de Schauspiel Leipzig Bosestraße 1, 04109 Leipzig
Fr, 07.03. 19:30 — 21:20
Große Bühne
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Mi, 19.03. 19:30 — 21:20
Große Bühne

Weitere Termine in Planung

Spieldauer

ca. 1:50, keine Pause

Die Inszenierung beinhaltet flackernde Videoeffekte, die einen ähnlichen Effekt haben können wie Stroboskoplicht.

Die Lautstärke dieser Inszenierung überschreitet stellenweise 95 Dezibel.

Besetzung

Christoph Müller als Woyzeck
Bettina Schmidt als Marie
Tilo Krügel als Hauptmann
Wenzel Banneyer als Andres
Thomas Braungardt als Andres (alternierend)
Samuel Sandriesser als Tambourmajor
Paula Winteler als Margreth
Niklas Wetzel als Wanderer
Bruno Akkan, Luca-Noél Bock, Aicha-Maria Bracht, Joshua Dahmen, Fritz Manhenke, Emmeline Puntsch als Seminar des Doktors / Wirtshausgesellschaft

Statisterie

Carolin Hain, Charlotte Krauspe, Damian Reuter, Fabian Schwitter Greta Wach, Kirsten Wilkner

Live Musik - Klavier/Harmonium

Live Musik - Schlagzeug

Team

Kostüme: Bianca Deigner
Video: Robi Voigt
Musikalische Konzeption: Philip Frischkorn
Dramaturgie: Torsten Buß
Licht: Jörn Langkabel
Live-Kamera: Robert Gotthardt
Videotechnik: Fabian Polinski
Ton: Gregory Weis, Nico Teichmann, Udo Schulze
Inspizienz: Ute Neas
Soufflage: Philine von Engelhardt
Regieassistenz: Lukas Leon Krüger
Bühnenbildassistenz: Carolin Schmelz
Kostümassistenz: Maryna Ianina
Maske: Kathrin Heine, Donka Donka Holeček, Cordula Kreuter, Julia Markow, Barbara Zepnick
Requisite: Sven-Sebastian Hubel
Bühnenmeister: Julius Besen, Tilo Münster
Ausstattungshospitanz: Carolina Imhof
Theaterpädagogische Betreuung: Amelie Gohla, Rosa Preiß

Trailer