Der Gott des Gemetzels

von Yasmina Reza
Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
Zwei Paare wollen nur kurz reden, über ihre Jungs. Zwischen den Kindern ist etwas passiert, nichts Schlimmes irgendwie, das kann man mit wenigen Worten zwischen Eltern aus der Welt schaffen. Doch es kommt ganz anders.
„Hinreißend, diese Tulpen!“: Aus diesem vermeintlich harmlosen Satz entwickelt Yasmina Reza in „Der Gott des Gemetzels“ Schritt für Schritt eine Zimmerschlacht, die nicht nur ein ausgesucht geschmackvolles Wohnzimmer in Trümmer legt. Selten zuvor hat jemand ein Aufeinandertreffen zweier Elternpaare so sensationell komisch beschrieben: Dass der Lack der Zivilisation manchmal dünn ist, ist bekannt — aber wie Yasmina Reza diesen Lack Schicht für Schicht quasi in unser aller Nachbarschaft abplatzen lässt, ist maximal unterhaltsam.

Weil die Söhne sich geprügelt haben und dabei der eine dem anderen zwei Zähne ausgeschlagen hat, treffen sich die Eltern zur gütlichen Einigung im Geiste des gewaltfreien Diskurses bei Espresso und Selbstgebackenem. Was als Leistungsschau toleranter Großstadt-Paare beginnt, entwickelt sich zum Wortgefecht, bei dem die Eltern ihre Söhne locker in den Schatten stellen: Ihre Sätze schlagen zwar keine Zähne aus, räumen aber auch effektvoll auf im Leben des Gegenübers. Und über ausgesuchten Bildbänden und den weißen Tulpen fallen in großer Gründlichkeit die Prinzipien des viel beschworenen abendländischen Verhaltenskodex auseinander …

Mit „‚Kunst‘“, in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig, hat das Schauspiel Leipzig ein weiteres Stück von Yasmina Reza im Repertoire, entstanden in Kooperation mit dem Théâtre National du Luxembourg.
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Pressestimmen

Freie Presse
„Intendant und Regisseur Enrico Lübbe verschafft dem Schauspiel Leipzig mit dem 'Gott des Gemetzels' von Yasmina Reza ein volles Haus. Zu Recht! [...] Diese kurzweiligen 80 Minuten kommen ohne Mord und Totschlag aus. Aber nicht ohne Verletzungen, bröckelnde Fassaden, den Frustrationen einer saturierten Gesellschaft, die sich ihre emotionalen Auswege sucht. [...] Die auffallend vielen jungen Zuschauer (in der ausverkauften zweiten Vorstellung) werden wohl Szenen aus dem modernen Eheleben (ihrer Eltern) erkannt haben. Und die etwas reiferen Zuschauer (zumindest ein bisschen) sich selbst.“
BILD
„Bettina Schmidt, Michael Pempelforth, Anne Cathrin Buhtz und Dirk Lange spielen anbetungswürdig. [...] Und die Regie: intelligent, präzise, unaufgeregt, souverän. Fazit: ein Gipfel der Schauspielkunst. Unübertrefflich.“
Leipziger Internet Zeitung
„Ganz großes Theater. [...] Dass die zahlreichen verbalen Gags zünden, ist der Verdienst eines hervorragend besetzten Schauspielerquartetts.“
LVZ
„Das Premieren-Publikum verabschiedet die Schauspieler nach knapp 80 Minuten begeistert mit rhythmischem Applaus. […] Der Blick auf die grandios gescheiterte Kommunikation lohnt sich gerade zum Ende eines Jahres, das dank schmutziger Wahlkämpfe und Kampagnen zum Beginn des Zeitalters des Postfaktischen ausgerufen wurde. Die Delegitimation von Positionen oder Personen, das Begründen der eigenen Handlung nur als notwendige Reaktion auf Vorheriges oder die Verknüpfung von Themen, die nichts miteinander zu tun haben, das sind oft unbewusste Gesprächsstrategien der beiden Ehepaare. Sie gleichen den bewussten Techniken der gegenwärtigen politischen Auseinandersetzung. Vor diesem Hintergrund gerät Véroniques enttäuschte Erkenntnis zum Kernsatz: Anstand ist ein Unsinn, der einen nur schwächt.“
MDR
„Das Leipziger Stück ist mehr als eine Boulevard-Komödie, sondern eine tragikomische Farce. [...] Die hat Enrico Lübbe mit seinem Team bestens getroffen und das Leipziger Silvesterpublikum hat der Inszenierung auch sehr sehr viel Beifall gegeben.“
Sächsische Zeitung
„Inszeniert als bitterböse Farce. [...] Die Charaktere sind überspitzt und erfüllen jedes Klischee. Nah am Slapstick überschreiten sie die Grenze vom Guten zum Bösen und lassen so in jene menschlichen Abgründe blicken, die die Gesellschaft sonst mit der klebrigen Masse namens Höflichkeit schön verdeckt hält. Unbedingt sehenswert.“
Premiere am 31. Dezember 2016

Spieldauer

ca. 1:15, keine Pause

Besetzung

Anne Cathrin Buhtz als Annette Reille
Dirk Lange als Alain Reille
Michael Pempelforth als Michel Houillé
Bettina Schmidt als Véronique Houillé

Team

Kostüme: Bianca Deigner
Dramaturgie: Torsten Buß
Audiodeskription: Florian Eib, Maila Giesder-Pempelforth, Renate Lehmann, Beatrix Hermens
Theaterpädagogische Betreuung: Amelie Gohla

Trailer