Die Diskothek: Ein Reflexionsraum für unsere Gegenwart, ein Experimentalraum für neue Texte & Gedanken. Die Spielstätte des Schauspiel Leipzig, die der Gegenwartsdramatik gewidmet ist.
Einladungen zu den drei bedeutendsten Festivals für Gegenwartsdramatik sowie der Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie „Darsteller:in Theater für junges Publikum“ — das gehört zur erfreulichen Bilanz der Diskothek in der zurückliegenden Saison genauso wie die vielen Vorstellungen, bei denen es „Ausverkauft“ hieß.
Mit fünf neuen Premieren, von denen drei Auftragswerke des Schauspiel Leipzig sind, geht die Diskothek ihren Weg weiter mitten hinein in Geschichten, die die Gegenwart in den Mittelpunkt stellen, aber dabei immer wieder Weichenstellungen aus der Vergangenheit aufspüren.

Die Sehnsucht ist ein weites Land, hätte ein berühmter österreichischer Autor vor hundert Jahren sagen können. Der italienische Autor Giorgio Ferretti übernimmt es nun, einem jungen Menschen auf den Spuren seiner Sehnsucht und dem Sinn des Lebens bis nach „America“ zu folgen. America ist dabei die zentrale Metapher, die ihre Gestalt und Bedeutung immer wieder wandelt. Ferrettis Text, 2022 ausgezeichnet mit dem exil-Dramatiker*innenpreis der WIENER WORTSTAETTEN, ist selbst bereits eine nicht nur szenische, sondern auch choreographische Skizze — inszeniert wird die Uraufführung nun von der Schweizer Choreographin und Theatermacherin Salome Schneebeli, die damit erstmals in der Diskothek arbeitet.
Für Wolfram Höll ist „Niederwald“ bereits das dritte Auftragswerk in der Diskothek. Geschichte und Gegenwart überlagern sich in diesem Text, Moderne und Tradition verschmelzen in einem Schweizer Bergdorf zu einem langen ununterbrochenen Jetzt. Die Uraufführung inszeniert, als ihre zweite Regiearbeit in der Diskothek, Elsa-Sophie Jach.
Auch Emre Akal begrüßen wir erneut in der Diskothek: Auf Akals Text „Hotel Pink Lulu — Die Ersatzwelt“, der hier 2020 Uraufführung hatte, folgt nun „Goldie. Ein digitales Requiem“. Darin spürt Akal der Frage nach, wie sich unser Leben mitunter von der analogen Welt in die virtuelle Sphäre verlängert — oder beides ineinander verschwimmt. Für den Text, entstanden als Auftragswerk der Diskothek, übernimmt Emre Akal diesmal zudem auch die Regie.
Wer von uns wüsste, dass Beethovens weltberühmte Kreutzer-Sonate eigentlich Bridgetower-Sonate heißen müsste — und das auch mal sollte? Der Violinist Kreutzer hat diese Sonate nie gespielt, die gelungene Uraufführung lag bereits in den Händen von George Bridgetower. Dessen afro­europäische Eltern waren angestellt am Hof des Fürsten Nikolaus I. Joseph Esterházy, wo Bridgetower in jungen Jahren Unterricht von Joseph Haydn erhielt. Später war er Violinist im Orchester von Georg August Friedrich, Prince of Wales, von wo aus er sich nach Wien aufmachte zur Begegnung mit Beethoven. Die britische Autorin Amanda Wilkin widmet sich mit ihrem Text einem Musiker und einem Stück Musikgeschichte, die in Vergessenheit gerieten — und befragt die Hindernisse und Kipp-Punkte, die sich in der Gesellschaft und der Kunst auftun, damals und heute. In Kooperation mit dem Stückemarkt des Berliner Theatertreffens entsteht die Uraufführung am Schauspiel Leipzig, mit der sich die Autorin und auch der Regisseur Adewale Teodros Adebisi erstmals am Haus vorstellen.
Marco Damghani inszeniert nach „Die Leiden des jungen Azzlack“ und „Anouk & Adofa“ zum dritten Mal in der Diskothek — und begibt sich mit dem Schauspielstudio auf Spuren der Entwicklung seit der Deutschen Einheit: Mit Hendrik Bolz’ „Nullerjahre“ wird es ihnen darum gehen, wie die Generation der Zwanzigjährigen politische Veränderungen und gesellschaftlichen Wandel in den letzten zwanzig Jahren erlebt hat und gerade erlebt.

Produktionen wie „Anouk & Adofa“, „zwei herren von real madrid“ oder „Letzte Station Torgau“ sind weiterhin im Repertoire zu sehen und markieren die Bandbreite der Themen, Zugriffe und Spielweisen, wie sie die Diskothek und die Gegenwartsdramatik bereithalten, theatral und real. Und wie das der literarische Nachwuchs sieht und weiterentwickelt, wird bei einer neuen Ausgabe des Festivals 4+1 zu erleben sein im Frühjahr 2024.